„… Gib acht, dass der Nagel aus bestem Kernholz ist, denn Himmel und Erde muss er mit der Nabe zusammen halten, und wenn er bricht, zerfällt die Welt. Am kleinsten Werk hält die Ordnung der größten Dinge.“ (1)
So spricht die Frau Holle zu dem Mann, den sie in der Weihnachtsnacht mitten im Wald darum bittet, ihren Wagen zu reparieren. Dabei spinnt sie am Schicksalsfaden. Die Spindel tanzt tief unten im Grund.
Voller Hingabe und mit großer Sorgfalt hilft der Mann der, zu diesem Zeitpunkt noch unbekannten, Frau. Als sein Werk vollendet ist braust sie direkt mit dem Nachtwind wieder davon. Und ruft ihm nach: „Die Späne nimm hin, dein Lohn ist drin!“
Holzspäne, die er selbst bei der Arbeit produziert hat, als Lohn für eine Tätigkeit? Ein bisschen ärgert ihn das schon. Aber er steckt trotzdem einige ein. Später entpuppt sich das unscheinbare Geschenk – wie so oft in den Geschichten um und mit Frau Holle – als reicher Lohn.
„Am kleinsten Werk hält die Ordnung der größten Dinge.“ (1)
Und: „Himmel und Erde hängen am ehrlichen Tagwerk des Menschen.“ (1)
Was ist unser, was ist mein und dein Beitrag, um die Ordnung der größten Dinge zu erhalten oder wieder herzustellen? Dieser Satz bedeutet nicht, dass du alles richten musst, dass alles nur von dir abhängt. Das wäre ja eine viel zu große Bürde und auch ein wenig egozentrisch. Aber es hängt eben auch von dir ab. Von den kleinen Werken, die du vollbringst.
Die Zeit zwischen den Jahren, die Raunachtszeit, die Weihnachtszeit und die Tage des Jahreswechsels laden dazu ein, dein Tagwerk einmal ruhen zu lassen. Früher gab es sogar ausgesprochenes Arbeitsvorbot. Es durfte vor allem nicht gesponnen werden – denn in diesen Tagen spinnt nur sie, die Holle, die Schicksalsweberin. In diesem zur Ruhe kommen liegt die große Kraft für einen Neuanfang. Die Natur macht es uns vor: Tiere ziehen sich für Winterschlaf oder Winterruhe zurück, Bäume fahren den Stoffwechsel herunter und ruhen aus, Pflanzen blühen – bis auf wenige Ausnahmen – jetzt nicht. Aber unter der Erde, da liegen sie schon – die Samen für das Neue.
Du wirst am 7.1., dem Ende der Raunachtszeit, nicht als völlig neuer Mensch erwachen. Denn du bist ja immer noch du. Aber im Reflektieren, Verabschieden, Ruhen, im Lauschen in die Stille, da liegt die Kraft und die Möglichkeit zu Neuausrichtung. Du entscheidest, wohin du deine Gaben, deine Energie, deine Kreativität, deine Ressourcen und dein Sein fließen lässt.
Du entscheidest, ob du dabei zur großen Ordnung beiträgst. Oder nicht.
Ich wünsche dir alles Liebe!
Eva Mäurer
P.S.: Das vollständige Märchen kannst du hier oder hier nachlesen.
Quellen:
(1) Sigrid Früh: Frau Holles Wagen, nachzulesen etwa hier: https://www.schwaben-kultur.de/pdfs/2010-6.pdf
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